Zusammenfassung:
Methoden und Hilfsmittel fr die energetische Sanierung der Gebudehlle:
Die energetische Sanierung des Wohnungsbestands ist ein wesentliches Ziel der Energiestrategie 2050 des Bundes. Trotz der politischen Absichten bleibt die Zahl der energetischen Sanierungen relativ gering und daran scheint sich auch in Zukunft nichts zu ndern. Wesentliche Hindernisse sind die Baukosten, der niedrige Energiepreis, technische Schwierigkeiten, denkmalplfegerische Aspekte, die Verfgbarkeit qualifizierter Fachleute oder die aktuelle Wohnungsnot.
Einzelsanierungsmassnahmen ohne ein Gesamtkonzept sind die Regel. Realisierte Gesamtsanierungen beschrnken sich oft auf die Erneuerung der Haustechnik, den Austausch der Fenster und ein Wrmedmmverbundsystem. Diese energetisch vielleicht sinnvollen Massnahmen sind oft in baukonstruktiver, denkmalpflegerischer, bauphysikalischer und nachhaltiger Hinsicht fraglich. Die typologische Vielfalt im Gebudebestand verlangt Lsungen, die die architektonischen und konstruktiven Eigenarten des Gebudes bercksichtigen.
eRen basiert auf einem globalen und interdisziplinren Ansatz fr die energetische Sanierung der Gebudehlle und sucht ein Gleichgewicht zwischen Energieeffizient, konstruktiven und bauphysikalischen Aspekten, Wirtschaftlichkeit, Nutzen und Verlusten und baukulturellem Wert.
Anhand von Fallstudien typsicher Mehrfamilienhuser der Westschweiz werden die Mglichkeiten und Grenzen einer energetischen Sanierung der Gebudehlle aufgezeigt und ein Hilfsmittel fr zuknftige Gebudesanierungen erstellt. Die Studie richtet sich an Eigentmer und Gebudeverwalter, Baufachleute und die betroffenen Behrden.
Es wurden baukonstruktive Merkmale von Mehrfamilienhuser der Westschweiz zwischen 1900 und 1990 erfasst und fnf charakteristische Bauperioden definiert: Vorkriegszeit (1900-1920), Zwischenkriegszeit (1921-1945), Nachkriegszeit (1946-1960), Hochkonjunktur (1961-1975) und nach der lkrise (1975-1990). In dieser Bauperiode wurde das Bewusstsein um die Endlichkeit der Energieressourcen geweckt und erste Empfehlungen und gesetzliche Regelungen zur Energieeinsparung formuliert.
Jede dieser Bauperioden verfgt ber charakteristische architektonische und konstruktive Merkmale. Fnfzehn fr den Westschweizer Wohnungsbau des 20. Jahrhunderts reprsentative Typologien (Modelle) wurden definiert. Jede Typologie hat ihre Eigenart und verdient einen respektvollen Umgang mit dem Bestand. Jeder selbst banale Eingriff in den Gebudebestand muss auch unter baukulturellen Aspekten betrachtet werden. Jedes noch so gewhnliche Gebude trgt seinen Teil zur Identitt und Stadtgeschichte bei und nicht ausreichend durchdachte Lsungen knnen Ursache vieler Probleme sein. Zehn reprsentative Gebude der hufigsten Typologien wurden fr eine Fallstudie ausgewhlt und eine umfassende Bestandsanalyse und eine globale Sanierungsstrategie fr jeden Fall entwickelt: Charakteristiken wahren, Charakteristiken rekonstruieren, Neue Elemente oder ein neues Erscheinungsbild.
Um der gewhlten Strategie zu folgen und gleichzeitig den energetischen Zielsetzungen der SIA-Norm 380/1:2009 zu gengen, wurden mehrere Szenarien pro Fall untersucht. Jedes Szenario wurde in thermischer und hygrometrischer Hinsicht geprft. Durch ein kontinuierliches Wechselspiel zwischen Architekten und Bauphysikern konnte fr jedes der zehn Fallbeispiele eine den definierten Kriterien entsprechende Lsung aufgezeigt werden (siehe oben). Die Berechnung der Baukosten fr jedes Szenario erlaubte es, die wirtschaftlichen Aspekte ebenfalls miteinzubeziehen.
In allen Fallstudien konnten, bei mit herkmmlichen Lsungen vergleichbaren Baukosten, die normativen Anforderungen erfllt und der architektonische Charakter, soweit erforderlich, gewahrt werden. Ein respektvoller Umgang mit dem Gebudebestand und eine energetische Gebudesanierung im Kostenrahmen sind also kein Ding der Unmglichkeit. Dieses Ergebnis konnte nur dank einer intensiven Zusammenarbeit verschiedener Fachleute und einem Planungsaufwand, in den Gebudeeingentmer oft nicht investieren, erreicht werden. Dabei macht der Planungsaufwand nur einen relativ geringen Teil der Gesamtbaukosten aus.
Die Studie zeigt allerdings auch, dass die Kosten einer energetischen Sanierung der Gebudehlle, im Vergleich zu den zu erwartenden Einsparungen durch den gesenkten Energieverbrauch, bei den aktuellen Energiekosten sehr hoch sind.
Auch wenn die energetische Sanierung hufig Teil einer Gesamtaufwertung des Gebudes ist (Reparatur von Bauschden, Erneuerung veralteter Bauteile, Aufwertung ungenutzter Potenziale), fehlen in vielen Fllen, in denen ein Gebude regelmssig unterhalten wurde oder die Mglichkeiten einer Miterhhung beschrnkt sind, konomische Anreize fr eine energetische Sanierung.
Die Verpflichtung die strengen Auflagen der SIA-Norm 380/1:2009 bei einer Gebudesanierung einzuhalten, kann sogar den gegenstzlichen Effekt haben und Eigentmer entmutigen energetische Massnahmen zur ergreifen, die bei geringen Kosten die Situation verbessern wrden, ohne jedoch den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Die Verschrfung der Zielwerte fr die Gebudesanierung, die mit der Revision der Norm in 2009 begonnen hat und wie es aussieht weiterverfolgt wird, knnte die Diskrepanz zwischen lobenswerten Absichten und realer Sanierungsrate noch verstrken.
Eine gesetzliche Reglung, die die energetische Sanierung der Gebudehlle kurz- oder langfristig verpflichtend vorschreibt, wrde sehr hohe Kosten bedeuten, die sehr viele Eigentmer aufgrund unzureichender Sanierungsfonds nicht aufbringen knnten. Diese Herausforderung betrifft im brigen auch ffentliche Bauherren. Man kommt nicht umhin festzustellen, dass es bei einer derart grossen Aufgabe selbst an Auftragnehmern und qualifizierten Fachfirmen mangeln wird.
Diese Schlussfolgerungen scheinen sehr negativ. Allerdings nur, wenn man tatenlos zusieht. Wir sind berzeugt, dass durchaus Mglichkeiten bestehen. Um dem Ziel ein Stck nher zu kommen:
Die Gesetzgebung und Gebudelabels, die bisher im Wesentlichen auf Neubauten ausgerichtet waren, mssen verstrkt die Besonderheiten der Sanierung des Gebudebestands und deren Grenzen bercksichtigen. (Die im Projekt eRen erarbeiteten Hilfsmittel sind hier ein erster Schritt).
Informationen, Anreize und Auflagen mssen auf einer langfristigen Sichtweise basieren, um der Lebensdauer der Gebude gerecht zu werden. Der Einbezug von Spezialisten verschiedener Fachbereiche und die Bercksichtigung der Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz sind notwendig, um Fehlschlge zu vermeiden.
Aus-und Weiterbildungsmglichkeiten fr Fachleute, Unternehmen, Lehrlinge und Studenten in diesem Bereich mssen verstrkt werden, um in Zukunft ber ausreichend qualifizierte Fachleute fr Anspruchsvolle Sanierungen zu verfgen.
Der Einsatz lohnt sich. Und wie dem auch sein, haben wir eine Wahl?